Iranisches Regime täuscht Besorgnis über die Verwaltung öffentlicher Projekte nach dem Einsturz von Gebäuden vor
Unlängst äußerte sich der Außenminister des iranischen Regimes in der Öffentlichkeit kritisch zu infrastrukturellen Projekten der Nachbarländer, die sich, wie angenommen wird, schädlich auf die iranischen Wasserstraßen auswirken könnten.
Hossein Amir-Abdolla-hian sagte vor Reportern, er habe während der beiden vergangenen Monate mindestens dreimal mit seinem türkischen Amtskollegen über die betreffenden Angelegenheiten gesprochen.
Außerdem behauptete er, Teheran habe vor vier Monaten die Einrichtung einer bila-teralen Arbeitsgruppe verlangt – in der Hoffnung auf ein bilaterales Abkommen zur Errichtung von Dämmen und zur Verwaltung des Wassers; doch sei daraus nichts geworden.
Fast gleichzeitig mit den Äußerungen von Amir-Abdollahian veröf-fentlichte die Nachrichtenagentur der Islamischen Republik eine Geschichte, in der mit Stolz davon geredet wurde, daß das Umwelt-Ministerium des Iran sich entschlossen habe, gemeinsam mit dem Irak und Syrien ein Memorandum der Verständigung zu unterzeichnen, in dem es sich um die Bekämpfung der Gefahr von Staubstürmen handele.
Doch nur wenig vorher hatte die iranische Organisation zur Beobachtung der Menschenrechtslage darauf hingewiesen, daß eine Haupt-Ursache der Staubstürme in der Austrockung von Feucht-gebieten bestehe – einer Folge des von Teheran systematisch betriebenen Mißbrauchs von Wasserreserven.
Am 28. Mai zitierte die Nachrichtenagentur der iranischen Studenten wie folgt Sedigheh Modarres Tabatabai, einen Mitarbeiter der iranischen Umweltschutz-Behörde: „Derzeit könnten sich 43% der iranischen Feuchtgebiete in Staubquellen verwandeln. Das bedeutet: Wenn sich die Feuchtgebiete ungünstig entwickeln und ihrem Wasserbedarf nicht entsprochen wird, so können sie im Lande zu neuen Staub-Zentren werden.“
Tabatabai erläuterte: 42 von den 226 Feuchtgebieten des Iran sind bereits zum Teil ausgetrocknet.
Der Bericht der ISNA beschäftigte sich mit den Ursachen der Austrocknung nicht im Detail; doch verschiedene frühere Berichte haben betont, der unkontrollierte Bau von Dämmen – oftmals vom Corps der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) trotz Fehlens von Berichten über die Folgen für die Umwelt vorgenommen – habe zu dem Austrocknen größerer Wasserreserven – darunter dem des Sees Urmia – beigetragen.
In diesem Zusammenhang könnte die plötzlich von Amir-Abdollahian über die türkischen Dammbau-Projekte geäußerte Besorgnis zum Teil auf die Absicht zurückgehen, die gegenwärtige Situation nicht auf die eigene Politik Teherans, sondern auf ausländische Sündenböcke zurückzuführen.
Dabei erweckt die Verfolgung eines erst noch zu definierenden Abkommens mit den Verbündeten der Region den Ein-druck, daß diese Verbündeten die gemeinsame Verantwortung für gewisse Umweltbelastungen anerkennen, auch wenn sie in erster Linie auf die Theokratie zurückzuführen sind.
Es ist für das Regime während der beiden vergangenen Monate er-sichtlich wichtiger geworden, die Botschaft auszusenden, daß es dadurch an der Vermeidung vorauszusehender Unglücksfälle arbeite, daß es die mit der Verwaltung des Projekts verbundenen Angelegenheiten genau prüfe.
Am 23. Mai brach in der Stadt Abadan ein zehnstöckiges Gebäude zusammen, noch während daran gearbeitet wurde.
Immer noch sind Notfallhelfer mit der Untersuchung des Schutts beschäftigt; doch am Mittwoch wurde der bestätigte Todeszoll mit 37 angegeben; es wird erwartet, daß er sich noch vermehrt. Der Vorfall führte zu zahlreichen Protesten; viele von ihnen wiesen betonend auf die im Regime obwaltende Korruption und das mangelnde Interesse der Eigentümer an Sicherheitsprotokollen und rechtzeitigen Warnungen hin.
Die staatliche Website „Khabaronline“ räumte am 24. Mai ein: „Bereits vor Monaten waren die Berichte darüber, daß die Haupt-stütze des Gebäudes sinke und die Decken mehrerer Geschosse nach-gäben, evident. Zu der Tragödie des letzten Montags führte das Versäumnis der Stadtverwaltung (von Abadan), sich um die Konstruktionsfehler zu kümmern.“
In dieser Woche wurden die Proteste gegen das Regime fortgesetzt – und dies trotz der verbreiteten Präsenz der repressiven Sicher-heitskräfte und der Bemühungen der Behörden des Regimes, Internet-Verbindungen zu zerstören und auf diese Weise sowohl die Organisation der Proteste als auch die Nachrichten über den allgemeinen Zorn zu behindern.
Berichte, die dennoch durchdrangen, sprechen von Demonstranten, die den Zusammenbruch Abadans als Symptom einer erheblich weiter verbreiteten Korruption bezeichnen.
In einem Interview, das am Freitag, den 27. Mai im staatlichen Fernsehen des Iran ausgestrahlt wurde, äußerte sich Kamran Abdoli, der stellvertretende Leiter des Feuerschutzes und seiner Sicherheits-abteilung bestürzend über den gegenwärtigen Zustand vieler iranischer Gebäude: „Wir haben bereits 33 000 Gebäude in Teheran identifiziert, vor allem alte.
Darunter befinden sich 947 Türme mit bis zu 12 Stockwerken. Bedauerlicherweise haben wir oft gesagt, wir hätten 129 Gebäude, die sich in einem kritischen Zustand befinden und sofortige Aufmerksamkeit erfordern“ – so erklärte er gegenüber der Nachrichtenagentur IRIB.
Der Zusammenbruch des „Metropol-Komplexes“ offenbart das Verhalten des Regimes und die Jahrzehnte seiner Korruption. Daher gehen die Iraner auf die Straße, um den demokratischen Wandel zu fordern, indem sie skandieren: „Tod für Khamenei!“, den Höchsten Führer des Regimes.