Die Antwort des iranischen Regimes auf die weithin friedlichen Demonstrationen, die sich in der vorigen Woche über den Iran verbreiteten, bestand massenhafter Verhaftung.
In einem Brief vom 8. August fordert Amnesty International die iranischen Behörden auf, jede Person freizulassen, die einzig wegen friedlicher Teilnahme an den Demonstrationen verhaftet wurde. Außerdem fordert Amnesty International die Behörden zu einer unverzüglichen, unparteiischen, unabhängigen Ermittlung des Mordes an einem Demonstranten, geschehen am 3. August 2018 in Karaj, nordwestlich von der Hauptstadt Teheran, auf.
Das iranische Regime hat 67 Personen verhaftet. Es droht ihnen die Todesstrafe an – in einer angeblichen Kampagne, die sich gegen finanzielle Delikte richtet, während die Wirtschaft des Landes dem Bankerott entgegen taumelt. Doch viele sagen, damit werde die Krise nicht gelöst; denn die Korruption treibt im Regime auf immer neue Höhepunkte zu.
Zur Menschenrechtssituation im Iran, die als Folge der jüngsten Bürgerproteste entstanden ist, nimmt Martin Patzelt, Mitglied des Menschenrechtsausschusses des Deutschen Bundestages, wie folgt Stellung:
Die Herrscher im Iran haben ihre Versprechungen nicht gehalten. Sie stürzen ihr Volk aus eigensüchtigen Absichten immer tiefer in Armut und Not. Sie gebrauchen Gewalt und Folter, um die Rufe nach Brot zu ersticken. Immer deutlicher wird, dass dieses Regime abgewirtschaftet hat und nicht mehr unterstützt werden darf.
Mit willkürlichen Inhaftierungen und Bestrafungen versucht das Teheraner Regime, den Einsatz von Lehrern für Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit zu verhindern.
Nach Angaben von Menschenrechtlern nimmt im Iran die Verfolgung von Lehrern, die sich für Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit einsetzen, zu. Davon sind insbesondere Lehrer betroffen, die sich in unabhängigen Lehrergewerkschaften engagieren. Das Teheraner Regime erkennt keine unabhängigen Gewerkschaften an und verfolgt ihre Mitglieder.
Der Handel mit Erwachsenen und Kindern ist etwas, was vielfach im Iran passiert. Es kommt so häufig vor, dass die Behörden selbstgefällig und gleichgültig sind, wenn man sie über neue Fälle informiert. Der Menschenhandel ist eine moderne Form der Sklaverei.
Kinder und Frauen werden als Sexsklaven angeboten und andere werden als billige Arbeitskräfte verkauft.
Außerdem gibt es im Iran viele Berichte oder Organhandel, Handel mit Zellen oder Gewebe.
Das iranische Regime hat damit begonnen, Massengräber mit politischen Gefangen zu zerstören, die geheim von Sicherheitskräften der Mullahs n den 80er Jahren ermordet wurden, obwohl Amensty International forderte, die Zerstörung zu stoppen und eine Untersuchung zu beginnen.
Regime-Truppen gehen mit brutaler Gewalt und Massenverhaftungen gegen die Demonstranten vor. Menschenrechtler haben die Weltgemeinschaft aufgerufen, sich dafür einzusetzen, dass alle verhafteten Demonstranten im Iran umgehend freigelassen werden.
Seit Anfang August werden aus verschiedenen iranischen Städten anhaltende Bürgerproteste gegen die Politik des Teheraner Regimes und die Unterdrückung gemeldet. Mit friedlichen Straßendemonstrationen machen tausende Menschen täglich ihrer Wut auf die Diktatur Luft, darunter in der Hauptstadt Teheran und den Großstädten Isfahan, Shiraz, Mashhad, Ahvaz, Sari, Arak und Karaj. Mit Sprechchören werfen sie dem Regime Missmanagement, Korruption und Machtmissbrauch vor. Zahlreiche Einzelhändler protestieren mit Streiks und haben ihre Geschäfte geschlossen.
Während die Demonstrationen sich zunächst gegen hohe Preissteigerungen, Inflation und Arbeitslosigkeit richteten, weiten sie sich nun immer mehr zu Protesten gegen das gesamte Regime aus, und immer häufiger fordern die Demonstranten lautstark das Ende der islamistischen Diktatur.
Wie bereits bei früheren Bürgerdemonstrationen setzt das Regime massiv Milizen und Gardisten ein, die mit Wasserwerfern, Tränengas und brutalem Schlagstockeinsatz gegen die Demonstranten vorgehen. Im Internet sind zahlreiche Videos von Bürgerjournalisten zu sehen, die zeigen, dass Regime-Truppen mit Gummigeschossen und scharfer Munition auf friedliche Demonstranten schießen, um die Proteste niederzuschlagen. Aus verschiedenen Städten werden verletzte Demonstranten gemeldet.
Massiver Einsatz von Regime-Truppen zur Niederschlagung der Bürgerproteste
Gleichzeitig werden Demonstranten wahllos verhaftet und in Foltergefängnisse gesperrt, wo sie keinen Zugang zu Rechtsanwälten oder Familienangehörigen haben. Unter den Verhafteten sind auch viele Einzelhändler, die auf ihrem Streikrecht beharrten und sich weigerten, ihre Geschäfte zu öffnen. Die Lage der Festgenommenen ist besorgniserregend, und Menschenrechtler befürchten, dass es durch Folter und Misshandlungen in der Haft erneut Todesopfer geben wird.
Unter den verhafteten Demonstranten ist der Menschenrechtsaktivist Nader Afshari (Bild). Er wurde am 1. August in der Stadt Karaj nahe Teheran festgenommen. Der Menschenrechtler war bereits am 1. Februar 2018 verhaftet und danach mehrere Wochen lang im Teheraner Evin-Gefängnis festgehalten worden. Wegen seines Einsatzes für Menschenrechte droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe.
Am 3. August betonte Farhan Haq (Bild), der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, angesichts der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten im Iran, dass die Meinungsfreiheit und das Recht der Bürger auf friedliche Versammlungen von allen respektiert werden müssen, auch von den Sicherheitskräften.
Menschenrechtler haben die Weltgemeinschaft aufgerufen, sich dafür einzusetzen, dass alle verhafteten Demonstranten im Iran umgehend freigelassen werden. Der internationale Druck auf das Teheraner Regime müsse erheblich zunehmen, damit die Gewalt gegen friedliche Demonstranten und Gefangene aufhöre. Das Recht der iranischen Bevölkerung auf friedliche Proteste und Versammlungs-, Meinungs- und Redefreiheit müsse verteidigt werden.
Menschenrechtsorganisationen, Studentenvereinigungen und Hochschullehrer fordern die Aufhebung der Haftstrafen und die Freilassung der inhaftierten Studenten, die allein deshalb verurteilt wurden, weil sie ihr Recht auf friedlichen Protest wahrgenommen haben.
Im Iran sind weitere Studentinnen und Studenten wegen ihrer Teilnahme an friedlichen Bürgerprotesten gegen die Diktatur zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Mit Massenverhaftungen und schweren Bestrafungen versucht das Teheraner Regime, die Bevölkerung einzuschüchtern und weitere Proteste zu verhindern.
Nachdem der Dollarwechselkurs die 12.000 Toman Marke am 30. Juli passiert hatte, gingen viele Basarhändler und Ladenbesitzer in Teheran und anderen Städten des Landes in den Streik, um gegen die katastrophale wirtschaftliche Lage und gegen die Zerstörung ihrer Lebensgrundlage zu protestieren und sie weigerten sich, ihre Läden zu öffnen.
Am Morgen des 31. Juli gingen neben den Lastwagenfahrern und Ladenbesitzern auch große Gruppen von Bürgern und Jugendlichen in Isfahan auf die Straße, um im Industriebezirk Amirkabir (umbenannt in Neu Shapour) gegen steigende Preise, wiederholte Stromausfälle und die inhumane Politik des klerikalen Regimes zu protestieren.