UN-Bericht dokumentiert anhaltende schwere Menschenrechtsverletzungen im Iran
Der neue Bericht der UN-Sonderberichterstatterin Asma Jahangir belegt die verheerende Menschenrechtslage im Iran: Willkürliche Inhaftierungen und Verfolgung von Menschenrechtsverteidigern, Journalisten, Studenten, Gewerkschaftsführern und Künstlern; hohe Zahl an Hinrichtungen, einschließlich der Hinrichtungen jugendlicher Straftäter; Einsatz von Folter und Misshandlungen sowie weit verbreitete Verstöße gegen das Recht auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren; sowie ein hohes Maß an Diskriminierung der Frauen und religiösen und ethnischen Minderheiten im Iran.
Im September hat die UN-Sonderberichterstatterin für die Menschenrechtslage im Iran, Asma Jahangir (Bild), ihren Halbjahresbericht veröffentlicht, in dem anhaltende schwere Menschenrechtsverletzungen im Iran dokumentiert werden.
Die pakistanische Rechtsanwältin Asma Jahangir, die bereits mit mehreren bedeutenden internationalen Menschenrechtspreisen ausgezeichnet wurde, wurde im September 2016 vom UN-Menschenrechtsrat zur Sonderberichterstatterin für die Menschenrechtslage im Iran ernannt. Das Teheraner Regime weigert sich jedoch, der UN-Ermittlerin die Einreise in den Iran zu gestatten, und weist ihre Dokumentationen über Menschenrechtsverletzungen regelmäßig als „Propaganda“ zurück.
Dennoch steht die Menschenrechtsexpertin in intensivem Kontakt mit Opfern von Menschenrechtsverletzungen im Iran. Asma Jahangir schreibt in ihrem neuen Bericht, dass sie seit ihrer Ernennung zur Sonderberichterstatterin von einer großen Zahl an Iranern kontaktiert worden sei. Sie sei sehr beunruhigt über das Maß an Angst bei denjenigen, die versucht haben, mit ihr zu sprechen. Auch Gesprächspartner, die außerhalb des Iran leben, hätten Angst geäußert, hauptsächlich weil sie Repressalien gegen ihre Familienangehörigen im Iran fürchten.
Die Informationen, die Asma Jahangir erhalten und geprüft hat, sind im aktuellen Bericht zusammengefasst. Sie zeigen, so die UN-Expertin, dass weiterhin ernsthafte Menschenrechtsprobleme im Iran bestehen. Die willkürliche Inhaftierung und Verfolgung von Menschenrechtsverteidigern, Journalisten, Studenten, Gewerkschaftsführern und Künstlern habe sogar zugenommen. Dazu heißt es in dem Bericht u.a.:
„Menschenrechtsaktivitäten in allen Bereichen werden durch vage Anklagen wegen Verstoßes gegen die nationale Sicherheit kriminalisiert. Dies hat zu umfangreichen willkürlichen Festnahmen und Inhaftierungen geführt. Die Berichte, die die Sonderberichterstatterin dazu erhalten hat, sind zahlreich und dennoch nur die Spitze des Eisbergs.
Die Sonderberichterstatterin fordert die Regierung auf, dass sie, gemäß ihren internationalen Verpflichtungen, umgehend alle Gefangenen freilässt, die inhaftiert wurden, weil sie ihr Recht auf Meinungs- und Redefreiheit sowie ihr Recht auf friedliche Versammlung wahrgenommen haben, und die Gefängnisstrafen aufzuheben, die aus diesen oder vergleichbaren Gründen verhängt wurden.“
Der Bericht dokumentiert weiterhin die hohe Zahl an Hinrichtungen, einschließlich der Hinrichtungen jugendlicher Straftäter, den Einsatz von Folter und Misshandlungen sowie weit verbreitete Verstöße gegen das Recht auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren, sowie ein hohes Maß an Diskriminierung der Frauen und religiösen und ethnischen Minderheiten im Iran. Außerdem befasst sich der Bericht mit der weit verbreiteten Straflosigkeit für diejenigen, die in der Vergangenheit und in der Gegenwart für Menschenrechtsverstöße im Iran verantwortlich waren und sind.
Interview mit der UN-Menschenrechtsexpertin Asma Jahangir (Video)
Hier Auszüge aus dem Bericht:
Hinrichtungen
„Die Sonderberichterstatterin ist weiterhin tief besorgt über die alarmierende Zahl an Hinrichtungen im Land, darunter Hinrichtungen von Jugendlichen. Sie wiederholt ihre Forderung an die Regierung, sofort und bedingungslos die Todesstrafe gegen Kinder abzuschaffen und einen umfassenden Prozess zur Umwandlung aller gegen Kinder verhängten Todesurteile in Gang zu setzen, wie es den Standards des Jugendstrafrechts entspricht. Die Sonderberichterstatterin wiederholt außerdem ihre Forderung nach einem Moratorium für den Einsatz der Todesstrafe, nach der Ersetzung der Todesstrafe für Drogendelikte durch solche Strafen, die den entsprechenden internationalen Standards entsprechen, sowie nach Beendigung der Praxis öffentlicher Hinrichtungen.“
Folter und grausame Strafen
„Bestrafungen wie Auspeitschungen, Blendungen, Amputationen und Steinigungen, die gegen das absolute Verbot der Folter und anderer Formen von Misshandlungen verstoßen, werden immer noch durchgeführt. Die Überfüllung der iranischen Gefängnisse, unhygienische Bedingungen in Haftanstalten, das Fehlen angemessener medizinischer Versorgung, Folter und Misshandlungen durch Gefängniswärter und Einzelhaft sind weiterhin tägliche Realität für Tausende von Gefangenen in der Islamischen Republik Iran.
Trotz der Tatsache, dass dies seit Jahren dokumentiert ist, hat die systematische Verweigerung ärztlicher Versorgung für bestimmte Häftlinge, insbesondere für politische Gefangene, nicht zu Untersuchungen, geschweige denn zu Sanktionen gegen die Verantwortlichen geführt. Zum Zeitpunkt des Berichts waren viele Gefangene immer noch der Gefahr ausgesetzt, aufgrund einer solchen unmenschlichen Praxis zu sterben.
Die Sonderberichterstatterin fordert die Regierung dringend auf, alle Bestimmungen abzuschaffen, die eine grausame, unmenschliche oder entwürdigende Behandlung oder Bestrafung erlauben, und mit vorrangiger Priorität die elende Situation in ihren Gefängnissen anzugehen und jeden Vorwurf einer Folter oder Misshandlung zu untersuchen und diejenigen, die für schuldig befunden werden, zur Verantwortung zu ziehen.“
Massaker an politischen Gefangenen im Jahre 1988
„Im Juli und August 1988 wurden Berichten zufolge Tausende politische Gefangener, Männer, Frauen und Jugendliche, hingerichtet, nachdem der damalige Höchste Führer, Ayatollah Khomeini, eine entsprechende Anordnung (Fatwa) erlassen hatte. … Nach den Berichten wurden die Leichen der Opfer in unkenntlichen Gräbern bestattet, und ihre Angehörigen wurden nie über deren Ort informiert. Diese Ereignisse – als Massaker des Jahres 1988 bekannt – sind offiziell niemals bestätigt worden.“
„Im August 2016 wurde die Tonbandaufnahme einer im Jahre 1988 veranstalteten Zusammenkunft hoher Staatsfunktionäre und Geistlicher veröffentlicht. Sie enthüllte die Namen der Funktionäre, die die Hinrichtungen durchgeführt und gerechtfertigt haben. Darunter waren der jetzige Justizminister, ein jetziger Richter an einem hohen Gericht, sowie der Leiter einer der größten religiösen Stiftungen des Landes und Kandidat der Präsidentenwahl im Mai. Nach der Veröffentlichung der Tonbandaufnahme räumten einige führende Geistliche und der Leiter der Justiz ein, dass die Hinrichtungen stattgefunden haben, und rechtfertigten sie zum Teil.“
„Im Laufe der Jahre wurden eine Reihe von Berichten über die Massaker des Jahres 1988 veröffentlicht. Auch wenn die genaue Zahl der Personen, die verschwunden sind und hingerichtet wurden, umstritten sein mag, so liegen doch erdrückende Beweise dafür vor, dass Tausende Menschen Opfer von Massentötungen geworden sind. In jüngster Zeit wurden diese Tötungen auch von einigen der ranghöchsten Staatsfunktionäre eingestanden.
Die Familien der Opfer haben ein Recht, die Wahrheit über diese Ereignisse und über das Schicksal ihrer Angehörigen zu erfahren, ohne Repressalien befürchten zu müssen. Sie haben das Recht auf Wiedergutmachung, und dazu gehört auch das Recht auf eine effektive Untersuchung der Fakten und die öffentliche Enthüllung der Wahrheit sowie das Recht auf Entschädigung.“