Die „Hinrichtungsmaschinerie“ im Iran muss ein Ende haben!
Die „Hinrichtungsmaschinerie“ im Iran muss ein Ende haben!
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, ehem. Bundesministerin der Justiz: „Angesichts einer solch grausigen Hinrichtungswelle, die der Hohe Kommissar der UN für Menschenrechte auf das Schärfste verurteilt hat, muss die internationale Anerkennung des Iran wieder in Frage gestellt werden. Die iranische Justiz tritt die Menschenrechte, die internationalen Konventionen und das Völkerrecht nach wie vor mit Füßen.“
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Bild), ehem. Bundesministerin der Justiz, hat in einem Gastbeitrag in FOCUS Online die Massenhinrichtungen im Iran scharf verurteilt. Sie forderte auch, das Gefängnismassaker, dem im Jahre 1988 im Iran bis zu 30000 politische Gefangene zum Opfer fielen, aufzuarbeiten und dem internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zuzuleiten. Die Vertreter des Teheraner Regimes, die gegen internationales Recht verstoßen, so die ehem. Bundesjustizministerin, müssen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Verantwortung gezogen werden.
In dem Gastbeitrag heißt es u.a.:
Man kann es kaum glauben, aber die Fakten sind eindeutig: Zurzeit sind im Iran mal wieder Massenhinrichtungen angesagt. Brutal und menschenverachtend werden bis zu 25 Exekutionen an einem Tag vollzogen. Die iranische Justiz verliert jedes Maß und schwelgt in Gewalt. Die Opfer sind junge sunnitische Kurden, die schon jahrelang hinter Gittern saßen, gefoltert und zu Geständnissen gepresst wurden.
Ihre Urteile fielen nach wenigen Minuten ohne Rechtsbeistand und Verteidigungsmöglichkeit. Ihre Vergehen sind Kampf gegen Gott, Gotteslästerung und Aufruhr. Am 2. August starben sie, ohne sich von Ihren Familien verabschieden zu können. Sie wurden gehenkt und qualvoll zu Tode stranguliert.
In die Regierungszeit des iranischen Präsidenten Rohani fallen inzwischen 2600 Vollstreckungen, allein im August gab es 100 Hinrichtungen. Zu den Opfern gehören auch Jugendliche und Homosexuelle. Weitere 4000 Menschen warten unter menschenunwürdigen Bedingungen auf ihre Exekution. Die Liste dieser staatlichen Exzesse ließe sich noch lange fortsetzen.
Jedenfalls werfen diese letzten Wochen einen vernichtenden Blick auf den islamischen Gottesstaat Iran, der sich mit den Atomverhandlungen von Wien wieder in die Staatengemeinschaft eingliedern wollte. Angesichts einer solch grausigen Hinrichtungswelle, die der Hohe Kommissar der UN für Menschenrechte auf das Schärfste verurteilt hat, muss die internationale Anerkennung des Iran wieder in Frage gestellt werden. Die iranische Justiz tritt die Menschenrechte, die internationalen Konventionen und das Völkerrecht nach wie vor mit Füßen.
Altes Todesausschuss-Protokoll wurde veröffentlicht
Vor diesem Hintergrund kommt der aktuellen Veröffentlichung eines Mitschnitts einer Sitzung des sogenannten „Todesausschusses“ aus dem Jahre 1988 eine besondere Bedeutung zu. Hieraus geht klar hervor, dass der damalige Massenmord an etwa 30.000 Oppositionellen, größtenteils Mitglieder der Volksmodjahedin (MEK), nicht unumstritten war. Jedenfalls wurde die geplante – und später auch durchgeführte – Beseitigung der Opposition vom designierten Nachfolger Chomeinis, dem Großajatollah Montazeri, scharf verurteilt. Daraufhin wurde Montazeri abgesetzt und von der Nachfolge als religiöser Führer ausgeschlossen.
Montazeri hatte unmissverständlich gesagt, dass eine willkürliche Tötung nur aufgrund einer Zugehörigkeit zu einer ideologischen oder politischen Gruppe durch den Staat ein Verbrechen sei und die daran beteiligten Vollstrecker zur Verantwortung gezogen werden müssten. Er führte weiter aus, dass solche politisch motivierten Entscheidungen der Idee des Gottesstaates Schaden zufügen. Dieser Tonmitschnitt verbreitet sich derzeit massenhaft im Iran und bestimmt die öffentliche Diskussion.
Der aktuelle Justizminister Mostafa Pour-Mohammadi – also ein Mitglied des Kabinetts von Rohani – ist selbst einer der maßgeblichen Vollstrecker der heutigen wie auch der damaligen Massentötungen. In einem Interview mit der staatlichen Nachrichtenagentur Tasnim zu den Diskussionen über diesen staatlich angeordneten Massenmord hat er erklärt, dass er stolz sei, an den Tötungen mitgewirkt und so „das Urteil Gottes durchgeführt zu haben“. Es ist ungeheuerlich und ein Affront gegen die zivilisierte Gesellschaft, dass ein „Justizminister“ ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit dem Hinweis auf Gott und die Religion rechtfertigt.
Die Beziehungen zum Iran müssen überdacht werden
All dies muss dazu führen, die Beziehungen zum Gottesstaat Iran gründlich zu überdenken. Es ist dringend notwendig, die Ereignisse in den iranischen Gefängnissen von 1988 aufzuarbeiten und dem internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zuzuleiten. Eine Reihe von NGOs mit ECOSOC-Status haben diesbezüglich schon eine Erklärung vorbereitet und dem Menschenrechtsrat in Genf zugeleitet. Die Verbrechen von 1988 werden als Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft werden müssen, denn sogar schwangere Frauen wurden umgebracht allein, weil sie Sympathisanten der MEK waren.
Heute wissen wir, dass die Willkürjustiz im Iran ein Grundprinzip der sogenannten Gottesherrschaft ist. Das Gewaltmonopol ist in den Händen der nicht demokratisch legitimierten Machtelite konzentriert, die damit die eigene Diktatur auf brutale Weise sichern will. Der Iran versucht immer wieder, seine Gottesherrschaft mit der Scharia zu rechtfertigen und als Gegenmodell zur Menschenrechts-Charta und zur Demokratie hinzustellen.
Das sieht dann folgendermaßen aus: Gott ist der alleinige und unanfechtbare Souverän! Also ist das Individuum von der staatlichen Kontrolle des Rechts ausgeschlossen und kann auch keine persönlichen Rechte in Anspruch nehmen. Die islamische Rechtsprechung ist folglich von der Gottesherrschaft bestimmt und der islamistische Gelehrte und der Revolutionsrichter entscheiden ohne juristische Ausbildung über die Menschen. Verschärfend kommt hinzu, dass auch das aus der Gottesherrschaft abgeleitete Vergeltungsprinzip, neben dem Ansatz der Abschreckung, die Urteile bestimmt. Menschenrechte und besonders Frauenrechte spielen dabei keinerlei Rolle.
Seit 37 Jahren gibt es Massenhinrichtungen im Iran
Eine Folge dieser Praxis sind massenhafte Hinrichtungen, wie gerade die Geschichte der islamischen Republik beweist, mit Hunderttausenden von Opfern in nunmehr 37 Jahren. Aber auch die Folter als Instrument der Rechtsfindung leitet sich aus diesem fundamentalistischen Islam ab und legitimiert damit jede menschenfeindliche Methode der Bestrafung, wie Amputation, Blendung oder Verätzung. Die internationalen Konventionen gegen Hinrichtungen und Folter werden deshalb vom Iran abgelehnt.
Da der Iran aber ein Staat der Staatengemeinschaft sein will und auch viele Konventionen ratifiziert hat, verstoßen seine Vertreter gegen internationales Recht und müssen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Verantwortung gezogen werden. Hier schließe ich mich dem Appell der iranischen Oppositionspolitikerin Maryam Rajavi an: „Das Massaker an 30.000 politischen Gefangenen im Iran ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die UNO muss dies untersuchen und die Verantwortlichen vor Gericht stellen.“
Weltgemeinschaft muss versuchen, die Diktatur zu beenden
Doch damit nicht genug: Der Iran muss seine menschenrechtsverachtende Rechtspraxis einstellen und sich dem internationalen Recht unterordnen. Alle Verbrechen der iranischen Diktatur müssen verfolgt, aufgeklärt und bestraft werden. In Folge dessen müssen auch die internationalen Beziehungen, seien sie wirtschaftlich, politisch oder kulturell, diesem Postulat untergeordnet werden.
Dazu gehört natürlich auch die internationale Vereinbarung, die Vernichtung von Staaten oder Menschengruppen nicht zum Staatsziel zu machen. Ist es doch erklärtes Ziel des iranischen Regimes, Israel zu vernichten. Hier zeigt sich die Grundstruktur des Systems der Gottesherrschaft am deutlichsten und belegt für sich selbst seine Unfähigkeit zur Veränderung.
Deshalb müssen alle Anstrengungen der Weltgemeinschaft darauf ausgerichtet sein, das menschenverachtende System der Diktatur oder Gottesherrschaft zu beenden und den Aufbau einer menschlichen und freiheitlichen Ordnung zu fördern. Gerade Deutschland hat bewiesen, wie aus einer Ära der Unmenschlichkeit, des Kulturbruchs und des moralischen Verfalls ein säkularer Rechtsstaat in Freiheit, Demokratie und Wohlstand erwachsen kann.