Bürgerproteste im Iran und Unterdrückung durch das Regime
Mit Massenverhaftungen und schweren Strafen versucht das Teheraner Regime, weitere Bürgerproteste zu verhindern. Gegen zahlreiche Demonstranten und Menschenrechtsverteidiger wurde Anklage wegen angeblicher „staatsfeindlicher Aktivitäten“ erhoben. Mehrere der Angeklagten wurden bereits von Revolutionsgerichten zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.
Die Bürgerproteste gegen das Regime im Iran dauern an. Mit friedlichen und legitimen Kundgebungen und Streiks bringen die Menschen in verschiedenen Städten immer wieder ihren Unmut gegen die Politik des Regimes und die Unterdrückung zum Ausdruck.
Teheran – 27.05.2018: Demonstrationszug anlässlich der Beisetzung des regimekritischen iranischen Schauspielers Naser Malek-Motiee, gegen den von den herrschenden Islamisten ein Berufsverbot verhängt worden war. Bei diesem Protestmarsch demonstrierten Tausende gegen die von den iranischen Staatsmedien ausgeübte Zensur und Unterdrückung.
Die Demonstranten fordern mutig ihre Rechte ein, obwohl ihnen schwere Repressalien drohen. Im Iran sind alle regimekritischen Versammlungen grundsätzlich verboten. Das Regime behauptet, die Bürgerproteste seien „vom Ausland organisierte Verschwörungen“, und droht den Protestteilnehmern mit schweren Strafen.
Am 27. Mai hat der Sprecher der Regime-Justiz in den iranischen Staatsmedien erneut gedroht, dass die Sicherheitskräfte mit aller Härte gegen Protestkundgebungen vorgehen werden. Mitte Mai waren in der südiranischen Stadt Kazerun mindestens zwei Demonstranten getötet und Dutzende weitere verletzt worden, nachdem Regimepolizisten in eine friedliche Menschenmenge geschossen hatten.
Der Menschenrechtsaktivist Ali Nouri (Bild) wurde im Mai wegen seiner Mitwirkung an Bürgerprotesten von einem Teheraner Revolutionsgericht zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt. Ihm wird die angebliche „Beteiligung an staatsfeindlichen Versammlungen und Propaganda“ vorgeworfen. Ali Nouri war am 30. Dezember 2017 festgenommen worden und wurde bis zum 4. Februar im Gohardasht-Gefängnis in Karaj nahe Teheran festgehalten. Der 25-Jährige, der sich u.a. für Kinderrechte einsetzt, war bereits 2016 und 2017 wegen seiner Menschenrechtsarbeit in Haft gewesen.
Das Regime versucht mit Massenverhaftungen, weitere Bürgerproteste zu verhindern. Unter den Festgenommenen sind zahlreiche Studenten, Menschenrechtsaktivisten und Bürgerjournalisten, die im Internet über die Proteste berichtet haben. Bei vielen Verhafteten ist auch Wochen nach ihrer Festnahme weiter unklar, wo sie gefangen gehalten werden. Familienangehörige werden bedroht und eingeschüchtert und erhalten keine Informationen.
Die Verhafteten werden in Foltergefängnissen ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten. Dort sind schwere Misshandlungen an der Tagesordnung. Seit Anfang 2018 wurde über mehrere Demonstranten berichtet, die in der Haft durch Folter getötet wurden.
Gegen zahlreiche Demonstranten und Menschenrechtsverteidiger wurde Anklage wegen angeblicher „staatsfeindlicher Aktivitäten“ erhoben. Mehrere der Angeklagten wurden bereits von Revolutionsgerichten zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.
Als Reaktion auf die zunehmenden Bürgerproteste verschärft das Regime die Verfolgung von bekannten Menschenrechtsverteidigern und verschlimmert die ohnehin grausamen Haftbedingungen der politischen Gefangenen.
Am 14. Mai wurden in der zentraliranischen Stadt Arak 11 Menschenrechtsaktivisten (Bild) vor Gericht gestellt, die bei Protestkundgebungen im vergangenen Dezember und Januar festgenommen worden waren. Bei den Angeklagte handelt es sich um Ali Bagheri, Abbas Safari, Behza Ali-Bakhshi, Yousef Shiri, Davood Rahimi, Mohammad Yaghoobi, Kyan Sadeghi, Masoud Aujloo, Mohammad Torabi, Neda Yousefi und Mohammad Najafi. Die Urteile wurden noch nicht bekanntgegeben. Den Angeklagten drohen wegen ihrer Mitwirkung an den Protesten lange Haftstrafen.
Einer der Angeklagten ist der menschenrechtlich engagierte Rechtsanwalt Mohammad Najafi. Er ist der Rechtsbeistand von Familien von getöteten Demonstranten und setzt sich für die Aufklärung der Todesfälle in iranischen Gefängnissen ein.
Der Anwalt wurde am 15. Januar 2018 festgenommen und über drei Monate lang im Gefängnis der Stadt Arak festgehalten. Er wurde wegen angeblicher „Gefährdung der nationalen Sicherheit“ und „Propaganda gegen den Staat“ angeklagt. Der Grund: Mohammad Najafi hat den fragwürdigen Tod eines Demonstranten untersucht und die Behauptung der Regime-Justiz in Frage gestellt, der Festgenommene habe sich in der Haft selbst das Leben genommen.
Der betreffende Demonstrant, der 22-jährige Vahid Heydari, starb Anfang Januar 2018 in einer Polizeistation der Stadt Arak, nachdem er am 31. Dezember bei Protesten festgenommen worden war. Familienangehörige berichteten, dass sie bei dem Toten schwere Schädelverletzungen gesehen hätten, bevor er begraben wurde. Der Familie wurde unter Drohungen verboten, mit Medien zu sprechen. Eine Autopsie wurde nicht zugelassen.